Die Digitalisierung des Industriedrucks
Seit der Antike sind Menschen rund um den Globus von dem Wunsch beseelt, ihr Umfeld schöner zu gestalten und ihr Leben dadurch zu bereichern. Dekorative Glyphen, Zeichnungen und Schriftstücke waren und sind Ausdruck ihres Lebensstils und dienen auch funktionalen Zwecken (wie z. B. grünes Licht als Sinnbild für „freie Fahrt“). Weltweit sind innovative, kreative Menschen auf der Suche nach Lösungen, um alltägliche Gebrauchsgegenstände und Oberflächen mit dekorativen und funktionalen Materialien zu versehen. Einige Designs sind zu rein informativen Zwecken gedacht, wohingegen andere eine starke visuelle Wirkung erzeugen oder die Funktionalität verbessern sollen. Historisch gesehen begann alles mit dem Model- bzw. Blockdruck auf Papier und Stoff, bis Gutenberg im Jahre 1440 den Buchdruck und seine Druckerpresse mit beweglichen Lettern erfand.
Seit der Revolutionierung der Drucktechnik durch Gutenbergs Erfindung vor 575 Jahren hat sich dieser Fertigungsprozess als Bestandteil von grafischen und industriellen Anwendungen immer weiter entwickelt. Durch die Optimierung der Technologie in der Druckvorstufe entstanden Druckerzeugnisse für den Informationsaustausch, für Werbe- und Schulungszwecke und viele nützliche Dokumente. Der industrielle Druck kommt immer mehr zur dekorativen Beschichtung und Veredelung von Oberflächen aller Art zum Einsatz – etwa für attraktive Verpackungen, dekorative Oberflächen sowie anspruchsvolle funktionale Materialien für die Elektronikindustrie. Historisch gesehen wurden industrielle Druckanwendungen nach mehreren analogen Verfahren wie dem Offset-, Tief-, Flexo- und Siebdruck hergestellt. Die Vielzahl der Anwendungsbereiche ist wirklich imposant und umfasst u. a. Textilien, Keramik, Bodenbeläge, Laminate, Glas, Holz, Membranschalter, gedruckte Elektronik, Verpackungen und sogar einige biomedizinische Materialien.
Die Auswirkung der „Mass Customization“
Die treibende Kraft hinter diesen Entwicklungen war die notwendige Massenproduktion von Druckerzeugnissen wie Bücher oder Verbrauchsgüter, die in großen Mengen von renommierten Marken vertrieben werden. Dabei haben Massenproduktionsverfahren den Weg vom Hersteller von Artikeln wie Modestoffe, Dekorlaminate, Keramikfliesen und Produktverpackungen zum Verbraucher geebnet. Obwohl die Massenproduktion den Stückpreis verringert, erfordert sie erhebliche Investitionen in die Fertigungskapazität und setzt eine gut funktionierende Lieferkette für die Material- und Warenwirtschaft voraus.
Nach unseren Schätzungen hat die weltweite Massenproduktion von dekorativen Produkten einen Anteil von weniger als einer halben Billion Dollar am Fertigwarenumsatz, vornehmlich Flachglas, Keramikfliesen, Bodenbeläge/Laminate, Textilien und Wandverkleidungen/Tapeten.
Dennoch ist der allgemeine Trend, unser Umfeld immer individueller zu gestalten, in Verbindung mit unablässigen Innovationen in der Materialwissenschaft und den digitalen MDT- (Material Deposition Technology) Verfahren eine wichtige treibende Kraft beim Übergang von der Massenproduktion zur kundenspezifischen Massenfertigung („Mass Customization“). Diese Umstellung bietet Verbrauchern ebenso wie institutionellen Käufern die Möglichkeit, ihre Umgebung mit Markenlogos oder dekorativen Oberflächen, die ihren Geschmack und visuelle Besonderheiten widerspiegeln, individuell zu gestalten. Inzwischen kommt der Digitaldruck im Bereich der Mass Customization zunehmend zum Einsatz und bietet auch weitere Vorteile, wie u. a. effiziente Fertigungsprozesse und Umweltfreundlichkeit.
Der Industriedruck im digitalen Zeitalter
Vor mehr als einer Generation kam der Digitaldruck auf den Plan und stellte mit einigen Technologien die Weichen für einen neuen integrierten Produktionsprozess sowie die Individualisierung oder Personalisierung von Produkten. Die frühen Innovationen waren zwar vielversprechend, doch häufig auch sehr kostspielig und konnten die Qualitätserwartungen der Endanwender nicht erfüllen. Eine der führenden Technologien in diesem Bereich war der Inkjetdruck im CIJ- (Continuous Inkjet bzw. kontinuierlicher Tintenfluss) und dem DoD- (Drop-on-Demand) Verfahren. Allerdings hatte der Inkjetdruck aufgrund der hohen Kosten, mangelnden Zuverlässigkeit und der eingeschränkten Auswahl an verfügbaren Materialien (d. h. Tinten) jahrelang mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Diese Faktoren trugen auch zur Einschränkung der Anwendungsmöglichkeiten des Inkjetdrucks bei.
Infolge der Weiterentwicklung der Material- und Druckkopftechnologie in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Branche an Dynamik gewonnen. Die technischen Verbesserungen haben den Grundstein zur kundenindividuellen Massenfertigung von Druckerzeugnissen im Inkjetdruck gelegt. Inzwischen dringen diese Veränderungen auch zunehmend in den Bereich der industriellen Fertigung vor. Denn auf Basis dieser verbesserten Inkjetlösungen können Hersteller nicht nur qualitativ hochwertige Produkte fertigen, sondern auch von den betrieblichen Vorteilen des Digitaldrucks profitieren.
Doch so wichtig die Betriebseffizienz auch sein mag, ist sie nur ein Faktor zur Förderung des Marktwachstums. Die kostengünstige Herstellung von Druckerzeugnissen in Kleinauflagen sorgt für eine Demokratisierung des Kreativprozesses. Aufgrund der kürzeren Rüstzeiten und deutlich geringeren Bestände können Markenartikler und Designer jetzt auch neue Produkte, Materialien und Fertigungstechnologien erforschen, die keinen so hohen Investitionsaufwand für die Fertigung von Massenprodukten erfordern. Angetrieben durch das Internet steigern diese Produkte die Nachfrage nach diversen Anwendungen, die für Endkunden und B2B-Unternehmen bislang nicht zur Verfügung standen. In Verbindung mit den betriebswirtschaftlichen Vorteilen können kleine und große Unternehmen diese marktbedingten Chancen für profitables Wachstum nutzen.
Das industrielle Umfeld
Die Drucktechnologie kommt in einer Vielzahl von Branchen zum Einsatz, wie u. a. in der grafischen Kommunikation, im Verpackungs-, Dekor- und Funktionsdruck. Dabei haben alle Branchensegmente eine Anforderung gemeinsam: das möglichst präzise Auftragen verschiedenster Materialien, wie Farbbindemitteln und funktionaler Materialien, auf eine Vielzahl von Oberflächen – angefangen von Papier bis hin zu 3D-Druckobjekten. In der Regel bahnen sich wichtige Technologien den Weg in angrenzende Märkte und werden zur Erfüllung der segmentspezifischen Änderungen leicht geändert. Obwohl die digitale Revolution mehrere Wege beschritten hat, ist der Einzug der Digitaltechnik in die grafische Kommunikationsindustrie der bislang wohl bedeutsamste. Mit einer Produktion von mehr als 1 Mrd. A4-Drucken pro Jahr hat sich der On-Demand-Digitaldruck auf diesem Markt inzwischen fest etabliert. Auch in anderen Branchenbereichen, wie dem Verpackungs-, Dekor- und Funktionsdruck, ist eine zunehmende Umstellung auf die Digitaltechnologie zu beobachten.
Um die wichtigsten Trends und ihre Auswirkung auf die verschiedenen Branchen besser verstehen zu können, sollen die nachstehenden Kurzbeschreibungen und Beispiele die heute in diesen Segmenten bereits verfügbaren Lösungen veranschaulichen.
Verpackungen
Auf Basis der Branchenanalysen 2014 von InfoTrends ist die Verpackungsbranche mit einem Umsatz von mehr als 400 Mrd. $ (368 Mrd. €) ein riesiger Markt. Die Anwendungen reichen von einfachen braunen Wellpappeverpackungen bis hin zu preisgekrönten Etiketten für Premiumprodukte. In den vergangenen Jahren hat die digitale Farbtechnologie eine Reihe von elektrofotografischen und inkjetbasierten Lösungen hervorgebracht. Ihr Anteil lag 2014 bei etwa 1 Mrd. Quadratmetern und wird bis 2019 auf schätzungsweise 2 Mrd. Quadratmeter ansteigen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 23 % entspricht. Inkjet-Drucksysteme der neuen Generation sind inzwischen auch für den Faltschachtel-, flexiblen Verpackungs-, „Direct-to-Shape“-Direktdruck und den Wellpappendruck geeignet und bewähren sich als vollintegrierte Produktionslinien. Inzwischen bieten namhafte Hersteller Lösungen an, die für die Herstellung von Deckkartons aus Wellpappe oder den Bogendruck von Wellpappkartons gedacht sind und eine Druckgeschwindigkeit von mehr als 200 Metern pro Minute haben.
Der „Direct-to-Shape“-Direktdruck ist ein Beispiel für einen weiteren Wachstumsmarkt, auf dem durch die Kooperation der Anbieter von Druckvorstufen- und Drucktechnologie mit branchenspezifischen Herstellern kundenindividuelle Druckerzeugnisse entstehen. So bietet eine namhafte Brauerei jetzt digital bedruckte Bierflaschen nach individuellen Vorgaben, die mit einer AR- (Augmented Reality) Werbekampagne verknüpft sind. Dieses Konzept ist zwar nicht völlig neu, doch aufgrund seiner industriellen Größenordnung sehr bemerkenswert.
Dekordruck
Der Dekordruck ist ein anderes großes Marktsegment, in dem die Vorteile der Digitaldrucktechnologie für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen genutzt werden. In diesem Segment beläuft sich das Digitaldruckvolumen auf etwa 9 Mrd. Quadratmetern und verzeichnet große Zuwachsraten. Trotz der Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, die in diesem Bereich vorhanden sind, liegt der Schwerpunkt dieses Artikels auf Keramikfliesen, Textilien, Laminaten und Holz, Wandverkleidungen und Glas – den Wachstumsbereichen, für die der Digitaldruck wie geschaffen ist.
Keramikfliesen
Der Markt für Keramikfliesen ist enorm groß und verzeichnete 2014 laut Angaben des InfoTile-Berichts ein Produktionsvolumen von mehr als 12 Mrd. Quadratmetern weltweit. In diesem Marktsegment kommen traditionell Rollendruckmaschinen für den Auftrag der Keramikfarben vor dem Einbrennen zum Einsatz. Auf diese Weise entsteht ein kostengünstiges Produkt, dessen Haltbarkeit der von Naturstein in nichts nachsteht. Gleichzeitig haben Rotationsdruckzylinder jedoch auch Nachteile, da die Anzahl der Musterwiederholungen (Rapporte) beschränkt und die Umrüstung recht kostspielig ist. Da der Digitaldruck die Produkteinführungszeit drastisch reduziert, Designänderungen ermöglicht und die Rüstzeiten verkürzt, hat er inzwischen den Löwenanteil an der Fliesenproduktion in Europa und verzeichnet auch in China starke Zuwachsraten. Zudem ermöglicht die Digitaltechnologie den 3D-Druck bei späteren Einbrennprozessen, um die Keramikfliesen neben der Dekorschicht mit einer zusätzlichen strukturierten Oberfläche zu versehen.
Textilien
Der Textildruck ist eine umsatzstarke Branche und hat in Ländern wie Italien, der Türkei, Indien, Japan, Korea und China eine lange Tradition. Laut Angaben im InfoTrends Digital Textile Forecast belief sich das Produktionsvolumen von bedruckten Textilien im Jahr 2014 auf mehr als 35 Mrd. Quadratmeter, die im Sieb- oder Rollendruck hergestellt werden. In diesem Bereich sind Digitaldrucksysteme stark auf dem Vormarsch. Seit dem Einsatz der ersten handgeschnitzten Stoffdruckstempel hat diese Branche beeindruckend kreative Designs hervorgebracht und enorme Fortschritte gemacht. Für den Textildruck kommen heute vorwiegend Rollensiebdruckmaschinen zum Einsatz. Da spezielle Tinten inzwischen mit einer Vielzahl von Kunst- und Naturfasern verwendet werden können, lassen sich jetzt kostengünstige Fertigwaren mit enormer Farbbrillanz und attraktiven Designs herstellen.
Die notwendige Steigerung der Betriebseffizienz gepaart mit dem Wunsch, Kunden durch innovative Designs zu überzeugen, war ein Schlüsselfaktor bei der Weiterentwicklung und Umstellung des Textildruckmarkts auf Digitaltechnik. Seit Anfang der 1990er Jahre haben Anbieter von Inkjet-Drucktechnologie alles daran gesetzt, um das Inkjetverfahren als geeignete Lösung für Textilhersteller zu optimieren. In den vergangenen Jahren hat der Inkjetdruck auf Textilien in Unternehmen jeder Größe stark zugenommen. Laut Angaben im InfoTrends Digital Textile Forecast soll der digitale Textildruck bis zum Jahr 2019 ein Volumen von mehr als 3,2 Mrd. Quadratmetern erreichen, was einer jährlichen Wachstumsrate von mehr als 30 % entspricht. Dieses rasche Wachstum ist auf die Verkürzung der Rüstzeiten, Kosteneinsparungen für die umweltfreundliche Herstellung und die Demokratisierung von Designs zurückzuführen, durch die Markenartikler ihre Produkte schnell und effizient auf den Markt bringen können.
Laminate und Holz
Innerhalb der Bau- und Möbelindustrie kommen bedruckte Dekorpapiere und Laminate schon seit Jahrzehnten für Holzverarbeitungsprodukte zum Einsatz. Mit einer Vielzahl von Designs, die die natürliche Holzmaserung und Steinmuster imitieren, sind Laminate ein kostengünstiger Ersatz für natürliche Materialien. In bestimmten Fällen werden Laminate tatsächlich sogar bevorzugt, weil sie robuster sind. Die normalerweise auf Tiefdruckmaschinen hergestellten Dekorpapiere werden nach mehreren Verfahren zu Laminaten weiterverarbeitet. Laut der Anfang des Jahres veröffentlichten Studie Profiting through Digital Printing in the Décor Marketplace von InfoTrends lag das Digitaldruck-Produktionsvolumen 2014 bei mehr als 300 Mio. Quadratmetern. Der wachsende Druck, Laminate in Kleinauflagen oder nach Kundenwünschen zu entwickeln, forciert die Nachfrage nach Midrange- sowie Industriedruckerzeugnissen in Auflagen, die mit dem herkömmlichen Tiefdruck Schritt halten können.
Viele führende Hersteller von Laminaten und Dekorpapieren (z. B. Schattdecor, WilsonArt und Formica) bieten inzwischen individuelle Laminate nach Kundenvorgaben und werden so den Kundenwünschen nach größerer Designfreiheit und Individualisierung gerecht. Diese Trends folgen der seit vielen Jahren erfolgreichen Herstellung von Laminatböden und dekorativen Verkleidungen für die Baubranche. Neben Laminatlösungen ist in diesem Bereich auch der Direktdruck auf eine Vielzahl von Holzprodukten zu nennen, wie MDF-Platten (mitteldichte Holzfaserplatten), Sperrholz und Naturholz. Diese Produkte müssen nicht laminiert werden und dienen als zusätzliche dekorative Oberfläche für diverse Anwendungen im privaten und gewerblichen Baubereich.
Wandverkleidungen und Tapeten
Wandverkleidungen waren schon im antiken China als Dekoration von Palästen zu finden. In jüngerer Zeit, im Jahr 1481, bestellte der französische König Ludwig XI. 50 Rollen Tapeten bei Jean Bourdichon zur Dekoration seiner königlichen Gemächer. Als Motiv wählte er Engel auf blauem Hintergrund. Ferner ordnete er an, dass die Tapeten tragbar sein sollten, damit er sie bei einem Wechsel seines Domizils von Burg zu Burg mit sich führen könne. Seit dieser Zeit sind Wandverkleidungen und Tapeten enorm weiterentwickelt worden und heute als Dekoration von Privat- und Gewerbeimmobilien nicht mehr wegzudenken. Standardmäßig werden Tapeten im Oberflächen-, Offset-, Flexo- und Tiefdruck hergestellt. Gemäß der InfoTrends-Studie Profiting through Digital Printing in the Décor Marketplace lag die Jahresproduktion 2014 bei schätzungsweise 52 Mio. Quadratmetern.
Wie in anderen Branchen finden Großformat-Digitaldrucklösungen auch zunehmend Anwendung in der Tapetenindustrie. Technische Verbesserungen bei Digitaldruckfarben (z. B. Latextinten und UV-Flexodruckfarben) ermöglichen inzwischen auch das Bedrucken von Standardmaterialien unter Einhaltung der Gesundheitsschutz- und Sicherheitsauflagen. Anwendungen wie Wandbilder und grafisch aufwendig gestaltete Tapeten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und sind heute bei vielen Anbietern erhältlich.
Glas
Seit Jahrtausenden schmückt Dekorglas Kathedralen und Schlösser sowie viele öffentliche und private Gebäude in unseren Städten. Die Anwendungen reichen von verbleitem Buntglas bis zum Siebdruck auf Glasscheiben. Solche Glasprodukte sollen das Markenimage verstärken und künstlerische Akzente setzen oder dienen einfach zur Beschilderung. Der Flachglasmarkt hat einen Jahresumsatz von mehr 70 Mrd. $ (64 Mrd. €) und verzeichnet eine Zunahme des Digitaldrucks zur Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten. Seit der Entwicklung von Inkjet-Druckköpfen, die Glas mit Keramikfarben bedrucken können, kommt die Digitaldrucktechnik in mehreren Branchen zur Herstellung von langlebigem, robustem Dekorglas zum Einsatz, das für architektonische und industrielle Zwecke geeignet ist.
Funktionsdruck
Der Funktionsdruck ist eine weitere Form des Industriedrucks, bei dem Material oder Druckfarbe zur Unterstützung bestimmter Funktionen auf die gedruckte Oberfläche aufgebracht wird. Diese Anwendungen nutzen das Piezo- oder CIJ- (Continuous Inkjet) Verfahren für die Deposition verschiedener Materialien. Dazu zählen Membranschalter, gedruckte Elektronik, 3D-Druck sowie diverse Innovationen in der Nanotechnologie (d. h. Nanopartikel), die in die pharmazeutische und biomedizinische Branche hineinreichen. Im folgenden Abschnitt werden einige Entwicklungen beleuchtet, die die Herstellung von Membranschaltern und gedruckter Elektronik sowie den 3D-Druck ermöglichen. Es gibt zwar noch andere überzeugende Depositionsverfahren, die allerdings auf spezielle Bereiche in der Life Sciences-Industry beschränkt sind.
Membranschalter
Laut Definition der ASTM (American Society for Testing and Materials, amerikanische Gesellschaft für Materialprüfung) ist ein Membranschalter ein kurzzeitiger Ein-/Ausschalter, bei dem mindestens ein Kontakt eingeschaltet ist oder aus einem flexiblen Substrat besteht. In der Regel werden diese flexiblen Substrate auf PET (Polyethylenterephthalat) gedruckt, das als Träger fungiert. Sie sind in Haushaltsgeräten, medizinischen Geräten, Spielen, Smartphones und Spielzeug gang und gäbe.
Die Druckverfahren kommen normalerweise bei der Herstellung des grafischen Overlays (Deckschicht) sowie von einigen Schaltungen mit leitfähigen Tinten zum Einsatz. Verbesserungen in der UV-Digitaldrucktechnologie, einschließlich flexibler Tinten und LED- (Light Emitting Diode) Trocknung, erweitern die Anwendungsmöglichkeiten von Membranschaltern und die Auswahl an Trägermaterialien, einschließlich flexibler Substrate, die mit geringerer Energie- und Wärmezufuhr ausgehärtet werden können. In bestimmten Anwendungsbereichen mit höherem Volumen ermöglicht die Aushärtung mittels EB- (Electron Beam, Elektronenstrahl) Technologie die Deposition und Aushärtung auf empfindlichen Materialien. In allen genannten Fällen kann der individuelle Druck in Kleinauflagen das Sieb- oder Flexodruckverfahren ersetzen.
3D-Druck
Der 3D-Druck ist ein weites Feld mit einer Vielzahl von Technologien, Anwendungsmöglichkeiten, Materialien, Lösungen und Preisunterschieden. Zu den aktuellen 3D-Druckverfahren gehören das Binder Jetting (ein spezielles Pulververfahren, bei dem auf die Pulvermaterialschicht ein Bindemittel aufgetragen wird), das DLP- (Digital Light Processing) Verfahren, das Electron Beam Melting (selektives Elektronenstrahlschmelzen), das FFF- (Fused Filament Fabrication) Verfahren, das Material Jetting (Aufsprühen von Material), das SDL- (Selective Deposition Lamination) Verfahren, das SLS- (Selective Laser Sintering; selektives Lasersintern) Verfahren und die Stereolithografie. Alle genannten Verfahren haben jeweils Vor- und Nachteile. Vermutlich wird diese Liste mit der Zeit noch länger werden, wenn weitere Anbieter mit eigenen Technologien auf den Plan kommen. Der Markt ist in drei Produktkategorien unterteilt: Produktion, professionelle und private Produkte. Zu den gängigen Anwendungen, die auf 3D-Druckern hergestellt werden, zählen Prototypen, Guss- und Stanzformen sowie Endanwenderprodukte. Diese Anwendungen kommen in nahezu allen Branchen zur Herstellung einer Vielzahl von Produkten zum Einsatz – angefangen von Produkten aus der Nanoforschung bis hin zu Flugzeugteilen. Dieses Segment entwickelt sich schnell weiter. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von einer neuen Innovation für eine weitere anspruchsvolle Anwendung die Rede ist. Die Attraktivität des 3D-Drucks liegt in seinem additiven Charakter – weniger Abfall, kürzere Markteinführungszeit und individuelle Designs.
Gedruckte Elektronik
Gedruckte Elektronik ist auf herkömmliche Druckverfahren zur Herstellung von Elektrogeräten auf diversen Substraten angewiesen. Jahrelang wurden elektrische Schaltungen im Sieb-, Flexo-, Tief- und Offsetdruck gedruckt. Seit einiger Zeit ist auch der Inkjetdruck eine mögliche Alternative. Bei diesem Verfahren werden funktionale Tinten zur Herstellung von aktiven oder passiven Bauteilen, wie Dünnschichttransistoren oder -widerständen, auf das Substrat aufgebracht. Gedruckte Elektronik ist für den Einsatz in Bereichen wie flexiblen Displays, intelligenten Etiketten, dekorativen/animierten Postern und intelligenter Bekleidung gedacht.
Ein Bereich, in dem die Digitaltechnologie als einfache und kostengünstige Alternative auf dem Vormarsch ist, ist beispielsweise die Herstellung von OLED- (Organic Light Emitting Diode) Displaykomponenten.
Der Digitaldruck von Displays rangiert an der Spitze der Innovation. Doch mittlerweile ist die digitale Drucktechnik zum Auftragen funktionaler Materialien, die seit Anfang der 1990er Jahre ständig weiterentwickelt wird, in einer Vielzahl von Anwendungen anzutreffen. Dazu gehören RFID- (Radio Frequency ID) Tags (Transpondern), intelligente Textilien und viele weitere gedruckte Elektronikkomponenten. Konventionelle Druckverfahren wie die Flexografie und Fotolithografie kommen jedoch immer noch bei der Massenherstellung von gedruckter Elektronik zur Anwendung. Für Spezialdruckdienstleister bietet der Markt für gedruckte Elektronik viele Wachstumschancen.
Über den Autor Ron Gilboa:
Ron Gilboa ist Director des Geschäftsbereichs Production & Industrial Printing Advisory Service von InfoTrends und seit 1980 in der Druckbranche tätig. Seine Erfahrungen und Fähigkeiten erstrecken sich auf verschiedene Bereiche der grafischen Kommunikations- und Druckindustrie – darunter Akzidenzdruck, Publishing und Transaktionsdruck, Schilder und Displaygrafiken sowie industrielle Druckbereiche wie der Verpackungs-, Dekor- und Funktionsdruck. Diese Marktsegmente bieten eine Vielzahl von Anwendungen, die nun in zunehmendem Maße digitalisiert werden. Aufgrund seiner fundierten Branchenkenntnisse versteht es Gilboa wie kein Zweiter, auf Basis von Marktstudien, -trends und prognosen eine durchdachte Marktstrategie zu entwickeln. Gilboa ist regelmäßiger Verfasser von redaktionellen Beiträgen und Referent bei Branchenveranstaltungen für neue Bereiche der Druckindustrie.
Er verfügt über ein umfassendes technisches Hintergrundwissen in Bezug auf Workflow-Prozesse, die digitale Druckvorstufe sowie die Drucktechnologie mit Schwerpunkt auf dem Inkjetdruck und verwandten Technologien. InfoTrends berät diverse Unternehmen aus der Digitaldruck- und grafischen Industrie wie führende Technologieanbieter, Materialhersteller und Anbieter von Workflow-Komplettlösungen, wie sie ihre Digitalisierungsstrategie erfolgreich umsetzen.
Quelle: www.drupa.de
Schlagwörter: Die Digitalisierung des Industriedrucks