Die Elektrifizierung der letzten MeileDie IKEA Ingka Gruppe spricht über E-Mobilität
IKEA, im Jahr 1943 in Schweden gegründet, hat sich zu einem multinationalen Einrichtungskonzern mit weltweiter Bekanntheit entwickelt. Für den Möbelriesen gehört Nachhaltigkeit zu den Schlagworten ihrer Tätigkeit, ein klimaneutrales Transport- und Logistikwesen daher zu den wichtigen Elementen ihrer Bestrebungen. Wir sprechen mit Claes Lindgren, Country Customer Fulfilment Manager bei IKEA Distribution Services Austria über die Elektrifizierung der letzten Meile als Teil der Gesamtstrategie und warum Handelsunternehmen lieber heute als morgen in die E-Mobilität investieren sollten.
htb: Erzählen Sie uns, was IKEA dazu bewogen hat, Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge zu installieren.
CL: Alles begann mit der Vision, ein besseres Leben sowohl für Menschen als auch den Planeten zu schaffen. Wir sind aktives Mitglied der EV100 Klimagruppe, einer Allianz von über 300 multinationalen Unternehmen in 140 Märkten weltweit. Das Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 eine Welt mit Null-Kohlenstoffemissionen zu erreichen, ein globales Engagement, dem nicht nur wir hier in Österreich folgen.
htb: Gibt es denn ein spezielles Kriterium, dass Ihre Überlegungen zur Elektrifizierung der letzten
Meile vorantreibt?
CL: Wir wollen in diesem Bereich vorbildlich und führend agieren. Wir werden eines der ersten großen Handelsunternehmen sein, die einen Schritt in Richtung Elektrifizierung der letzten Meile machen. Das könnte und sollte als Ermutigung und Herausforderung für andere dienen, um es uns gleichzutun.
htb: Wie ist der aktuelle Stand des Rollouts in Österreich?
CL: Die IKEA-Einrichtungshäuser in Österreich sind zwar nicht die ersten, die unsere Flotte innerhalb des IKEA-Konzerns elektrifizieren, aber wir werden auch nicht die Letzten sein. Wir starten mit der Filiale in Wien im August 2021 und das wird nur der Anfang sein. Unser Ziel ist es, unseren österreichischen Markt bis spätestens 2025 vollständig mit Elektrofahrzeugen (EVs) abgedeckt zu haben.
htb: Welches Geschäftsmodell liegt dem Ladeinfrastrukturbetrieb zu Grunde und warum?
CL: Der Ausbau von Ladeinfrastruktur, wie man sie bei der has·to·be gmbh kennt, variiert, je nachdem, wo man sich befindet, von gut über weniger gut bis hin zu schlecht. Im Wiener Stadtgebiet stellt das Laden kein Problem dar. In anderen Bereichen Österreichs kann es da schon schwieriger werden. Wir sind auf Partner angewiesen – Firmen wie die has·to·be gmbh und andere helfen uns dabei, das Laden zu erleichtern und zu fördern. Die Hauptinvestition, auf die wir uns derzeit konzentrieren, betrifft unser zentrales Distributionslager in Wien. Wir investieren vollständig in den eigenen Besitz der Ladeinfrastruktur. An einigen unserer kleineren Standorte (die wir als „Plan- und Bestellpunkt“ oder „Meeting Point“ bezeichnen), können wir uns für eine Hybridlösung entscheiden. Das heißt, dass wir nicht immer auch Betreiber der
Ladeinfrastruktur sind. Manchmal sind wir zum Beispiel nicht Eigentümer des Gebäudes selbst. In diesen Fällen müssen wir möglicherweise einen Partner oder eine andere Lösung finden. Grundsätzlich gefällt uns aber die Idee, in eine eigene Infrastruktur zu investieren, um das Geschäft selbst zu steuern.
htb: Jetzt gehe ich davon aus, dass Sie sich einigen Herausforderungen beim Aufbau von Ladeinfrastruktur in Ihren Filialen stellen mussten. Können Sie uns sagen, welche das sind?
CL: Wir betreiben viele 3,5/4-Tonner mit einer hohen Kapazität, weswegen wir schnelle und zuverlässige Ladezyklen benötigen. Während unsere Lkws geladen werden, wollen wir keine Zeit verlieren und brauchten daher Schnelllader. Je mehr wir uns mit diesem Thema beschäftigen, desto mehr stellen wir fest, wie fragmentiert der Ladeinfrastruktur und die E-Mobilität in Europa tatsächlich ist. Für die nordischen Länder haben wir innerhalb der IKEA Ingka Gruppe eine sehr solide Lösung. Wir nennen das die „Nordische Ladelösung“. Aber in Südeuropa und sogar in Teilen Mitteleuropas sieht das ganz anders aus. Das nordische Modell ist allerdings nicht auf Österreich anwendbar. Daher haben wir hier vor Ort an entsprechenden Lösungen für den österreichischen Markt gearbeitet. „Die Technologie im Bereich E-Mobilität ist stark fragmentiert und das stellt uns vor unsere größte Herausforderung.“ Gleichzeitig ist die Möglichkeit von Schnellladungen eine Voraussetzung. Was die Übertragbarkeit der Technologie von Land zu Land angeht, haben wir feststellen müssen, dass die Lösungen in unserem Heimatmarkt Schweden etwas fortschrittlicher sind als in anderen Teilen Europas, auch in Österreich.
htb: Welches Feedback erhalten Sie von Ihren Mitarbeitern, Kunden und der Community zum Angebot
der E-Mobilität?
CL: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, noch nicht mit den spezifischen Details an die Öffentlichkeit zu gehen. Unser globaler CEO steht felsenfest hinter unserem Ziel für 2025. Wir haben den Markt bereits sowohl auf unser Vorhaben als auch auf unsere bereits stattfindenden Tests hingewiesen. Das war eine große Ankündigung unsererseits. Das Feedback, das wir aus unseren Reihen zurückbekommen, ist positiv. Ich glaube, unsere Kunden nehmen IKEA als ein vertrauenswürdiges
Handelsunternehmen wahr. Daher bin ich davon überzeugt, dass unser Schritt in die E-Mobilität und damit in die klimaneutrale Mobilität der Zukunft sehr gut ankommen wird. Nachhaltigkeit unserer Prozesse ist uns sehr wichtig und wir wollen diese auf verantwortungsvolle Art und Weise durchführen. Aus der Sicht des Kunden und unseres Images glauben wir an ein sehr hohes Maß an Kundenengagement, und wir könnten potenziell einen Einfluss auf den Marktanteil haben. Betrachten wir es einmal aus unserer Perspektive: Unsere Mitarbeiter sind stolz darauf, für IKEA zu arbeiten. Sie stehen hinter dem, was wir tun und nehmen uns ebenfalls als Vorreiter wahr. Ganz so, wie Sie vermutlich stolz darauf sind, für die has·to·be gmbh zu arbeiten. Unsere Führungsrolle nehmen wir sehr ernst. Wir warten nicht darauf, dass uns andere sagen, was wir tun sollen, sondern treiben die Themen aus eigenem Engagement heraus. htb: Spielt denn die E-Mobilität auch eine wichtige Rolle in Ihrer POS-Strategie?
CL: Unser Ziel ist es, die Welt bis 2030 klimapositiv zu beeinflussen! Wir sind bei unseren emissionsfreien Lieferungen auf der letzten Meile schon sehr weit gekommen. Gleichzeitig gilt das als wichtiger Indikator für unsere Marktführerrolle. Es ist außerdem Teil unserer Strategie, unseren Mitarbeitern und Kunden das Laden ihrer E-Fahrzeuge zu ermöglichen, um das CO2-positive Ziel für 2030 zu erreichen. EMobilität ist aber nur ein Teil unserer Gesamtstrategie. Unser Vertriebszentrum in Wien wurde für seine Fotovoltaik-Dachanlagen ausgezeichnet, und wir haben auch eine passive Heizung. In Wels
Oberösterreich, haben wir nicht nur eine PV-Anlage auf dem Dach, sondern auch einen der ersten elektrischen Rangier-Lkw. Für uns geht es also nicht nur um emissionsfreie Lieferungen auf der letzten Meile, sondern um die Nachhaltigkeit aller Komponenten unseres Betriebs.
htb: Welchen Rat würden Sie anderen Einzelhändlern geben, die über die Installation von Ladeinfrastruktur nachdenken?
CL: Investieren Sie Zeit in Due Diligence, das ist das A und O. Stellen Sie sicher, dass Sie verstehen, was es für Ihr Unternehmen heißen würde, die letzte Meile zu elektrifizieren. Berücksichtigen Sie die Ladekapazitäten und den Bedarf an Schnellladungen. Die letzte Meile gestaltet sich für jedes Unternehmen anders. Bei IKEA werden Küchen, Sofas etc. ausgeliefert. Ein Modehändler hat andere Bedürfnisse und wird unser Model nur schwer kopieren können. Eins ist aber sicher: Der Markt ist schnelllebig. Entscheidungen sollten lieber jetzt als später gemacht werden. Wir wussten von Anfang an, wenn wir nicht handeln, wird es jemand anderes tun. Das hätte die Kapazitäten und Fähigkeiten der Hardwarehersteller und Autos beeinflussen können. Vielleicht wären wir zu spät gewesen und hätten den Anschluss verpasst. Das wollten wir durch unser schnelles Handeln vermeiden.
„Ich denke, es geht wirklich darum zu wissen, wonach Sie suchen, den Rahmen zu schaffen und schnelle Entscheidungen zu treffen.“
Für ein großes Unternehmen wie IKEA gibt es eine Reihe interner Dinge, die bei einem Projekt wie diesem in die Wege geleitet werden müssen – und das war der Antrieb für uns, das Modell zu entwickeln und schnell zu handeln.
htb: Wo wird die Handelsbranche Ihrer Meinung nach in fünf Jahren in Bezug auf die E-Mobilität
stehen?
CL: Eine bessere Verfügbarkeit von Ladestationen in allen Bereichen ist unumgänglich. Handelsunternehmen, Unternehmen anderer Bereiche, Dienstleistungsunternehmen und sogar diejenigen, die in der Gastronomie arbeiten, müssen entweder strategische Partnerschaften eingehen oder selbst aktiv werden. Wenn es zentrale Punkte gibt, in unserem Fall dort, wo Kunden parken oder sie Waren abholen, ist es vermutlich sinnvoll, Ladeinfrastruktur in der Nähe dieser Punkte anzubieten,
damit Kunden ihre Fahrzeuge aufladen können. Das gilt auch für Orte, an denen Menschen typischerweise eine halbe Stunde oder mehr verbringen, um zu essen oder einzukaufen. Wenn der Besitz von E-Fahrzeugen zunimmt, muss natürlich auch die Ladeinfrastruktur entsprechend der Nachfrage ausgebaut werden.htb: Vielen Dank für die interessanten Einblicke und das Gespräch. Weiterhin viel Erfolg bei der Elektrifizierung der letzten Meile
Quelle: www.has-to-be.com/de
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