Sind Cobots die Zukunft beim Retourenmanagement?

E-Commerce: Kosten reduzieren und Einlagerung beschleunigen

Das enorme Wachstum im E-Commerce stellt Lagerbetreiber vor zwei große Herausforderungen: Nicht nur wächst der Druck, die Produktivität bei der Auftragsabwicklung kontinuierlich zu steigern, parallel zum Bestellaufkommen. Auch das Volumen an retournierten Artikeln wird immer größer. Für die Logistik bedeutet deren Bearbeitung ein Wettrennen gegen die Zeit. Denn je länger es dauert, ein Produkt wieder einzulagern, desto größer ist der Wertverlust – insbesondere bei saisonalen Waren. Blickt man auf Lösungen zur Beschleunigung von Lagerprozessen, kommen oftmals kollaborative mobile Roboter (Cobots) zum Einsatz. Können sie auch das Retourenmanagement zukünftig unterstützen?

Geschwindigkeit als Wettbewerbsvorteil: Das gilt grundsätzlich in der Lagerlogistik – Aufträge so schnell wie möglich ausführen –, insbesondere jedoch in den Fulfillment-Centern des E-Commerce. Denn die Online-Shopper fordern eine immer schnellere Zustellung. Um Produkte innerhalb kürzester Zeit zu liefern, gilt es, den gesamten Workflow von der Bestellung bis zum Versand effizient zu gestalten. Doch das ist nur eine Seite: Laut BEVH machen viele Kunden ihre Kaufentscheidung davon abhängig, ob sie Produkte kostenlos umtauschen und zurückgeben können. Mit dem Bestellvolumen wächst die Zahl der Retouren, die für Händler finanzielle Einbußen durch Bearbeitungskosten und Preisabschläge bedeuten. Eine CBRE-Studie besagt, dass die durchschnittlichen Kosten für die Rückgabe eines Artikels bis zu 59 Prozent des ursprünglichen Verkaufspreises betragen können. Ein großer Teil dieser Kosten entfällt auf die Wiederauffüllung der Bestände und die Rückführung von Retouren in Bestand und Verkauf.

 Ineffiziente Prozesse verursachen hohe Kosten

Die Effizienz des Retourenmanagements ist also entscheidend für die Rentabilität. Je länger die Rückführung der Waren in den aktiven Bestand dauert, desto kleiner wird das Verkaufsfenster und desto höher ist der potenzielle Abschlag, der für den Wiederverkauf erforderlich ist. Besonders deutlich wird die Herausforderung, mit der sich Lagerlogistiker konfrontiert sehen, am Beispiel Bekleidung und Schuhe. Denn die Retourenquote ist bei diesen stark trend- und saisonbedingten Produktkategorien am höchsten – etwa bei 30 bis 40 Prozent. Die Zeit, in der die Ware zum vollen Verkaufspreis angeboten werden kann, ist demnach sehr kurz. Wird ein Produkt zurückgegeben, muss es schnellstmöglich wieder in den Bestand zurück, um das Verkaufspotenzial und den Preis zu maximieren.

Da sich die meiste Arbeit in einem Lager jedoch auf die Bearbeitung von neuen Aufträgen konzentriert, werden Retouren in der Realität oft vernachlässigt. Eintreffende Retouren werden beispielsweise gesammelt, bis das Volumen den Einsatz von Mitarbeitern erfordert, um die Produkte wieder in die Regale zu bringen. So nehmen die Retouren viel Platz ein und verursachen Staus. Zudem verlieren die Produkte jeden Tag an Wert, sodass Preisnachlässe für einen Wiederverkauf meist unvermeidlich sind. Insgesamt wird wertvoller Lagerraum ineffizient genutzt, die Mitarbeiter werden ineffektiv eingesetzt und es entstehen enorme Kosten.

Drei Phasen des Retourenmanagements

Welche Schritte sind nötig, um retournierte Produkte wieder einzulagern? Die Retourenabwicklung lässt sich in drei Phasen gliedern: Zunächst wird die im Lager eingetroffene Rücksendung eingescannt, um zu bestätigen, dass sich die Artikel wieder im Besitz des Lagers befinden. Ebenso werden Endkunden und Händler benachrichtigt, dass die Ware eingetroffen ist, und es erfolgt ein finanzieller Abgleich. In der zweiten Phase wird eine Qualitätsprüfung durchgeführt, um festzustellen, ob das Produkt wiederverkauft werden kann. Handelt es sich um ein geringwertiges Produkt, wird es entweder weggeworfen oder auf einem Sekundärmarkt verkauft. Die Wiederaufnahme in den Bestand ist also vom Preis des Produkts abhängig, oft aber auch von Vereinbarungen zwischen Händler und Hersteller. Letztlich muss die Marke bereit sein, das Risiko einzugehen, ein Produkt weiterzuverkaufen, das bis zu einem gewissen Grad „benutzt“ worden ist. In der dritten Phase wird das Produkt zurück in den Bestand überführt und am Kommissionierplatz mit dem verbleibenden Bestand konsolidiert. Dieser Prozess ähnelt im Wesentlichen der regulären Bestandsauffüllung in einem Lager. Hier lohnt sich die Aufteilung in schnell und langsam drehende Stock Keeping Units (SKU): Produkte, die sich gut verkaufen, lagern an Orten, die näher an den Kommissionier- und Auspackzonen liegen. Bei einem geringeren Volumen bietet sich ein weiter entfernter Bereich des Lagers an.

Automatisierte Lösungen müssen flexibel und skalierbar sein

Fest steht: In der Retourenabwicklung ist Geschwindigkeit entscheidend, um den Restwert der Ware zu maximieren. Lagerbetreiber greifen für die Beschleunigung ihrer Prozesse oft auf eine Automatisierung zurück. Fest installierte Fördersysteme sind jedoch weniger geeignet, da Retouren in der Regel stark saisonabhängig sind und das Gesamtvolumen zwar hoch, die Stückzahl pro Artikel jedoch sehr gering ist. Gefragt sind daher skalierbare und flexible Lösungen. Hier sind kollaborative mobile Roboter (Cobots) auf dem Vormarsch, die insbesondere kleinteilige Bestellungen und schwankende Bestellvolumen optimal unterstützen. Das lässt sich auf Retouren übertragen, da mit saisonalen Spitzen automatisch auch nachfolgende Spitzen bei der Rückgabe von Produkten entstehen. Grundsätzlich nutzen Cobots wie Chuck von 6 River Systems (6RS) maschinelles Lernen und KI, um auf Grundlage der aktuellen Aufträge Arbeitsabläufe und Lagerwege in Echtzeit zu optimieren. Sie führen die Mitarbeiter auf kurzen Laufwegen zu den Lagerplätzen und leiten sie durch ihre Aufgaben – entweder die Kommissionierung von Aufträgen oder das Einlagern von Nachschub und Retouren. Dank der gesteigerten Effizienz werden die Mitarbeiter entlastet und können mehr Aufgaben in der gleichen Zeit erledigen. Cobots bergen somit auch für eine beschleunigte Wiedereinlagerung retournierter Artikel ein riesiges Potenzial.

Dank Cobots verschiedene Prozesse kombinieren

Kombiniert mit den Kompetenzen des Lagerbetreibers in den ersten beiden Phasen des Retourenmanagements, also des Wareneingangs und der Qualitätsprüfung, kann der Einsatz von Cobots den dritten Schritt, die Konsolidierung von Artikeln mit dem aktiven Bestand, produktiver und kostengünstiger gestalten. Wie bei der Kommissionierung helfen Cobots den Mitarbeitern, das retournierte Produkt auf dem optimalen Weg zurück in das Inventar zu überführen. Noch effizienter wird dieser Prozess, wenn die Mitarbeiter in einem Zug andere Aufgaben der Bestandsverwaltung erledigen. Sie können beispielsweise zurückgegebene Ware in aktive Kommissionierplätze zurücklegen und, während sie sich im Gang befinden, zur Disposition markierte Ware – beispielsweise am Ende der Saison – aufnehmen. Wenn die Ware immer noch zum Verkauf steht, aber zur Aktionsware wird, kann der Mitarbeiter sie für eine effizientere Kommissionierung näher an die Packstationen bringen. Cobots ermöglichen es Lagerbetreibern, die Retourenabwicklung nahtlos mit anderen Aufgaben der Bestandsverwaltung zu verzahnen und so eine erhebliche betriebliche Effizienz zu erzielen.

Technologie birgt auch für Stores Optimierungspotenzial

„Bei 6 River Systems integrieren wir unsere Lösung für die Abwicklung von Retouren in das bestehende Retourenmanagementsystem des Lagerbetreibers. So können wir dazu beitragen, die Bestandsverfügbarkeit durch eine effizientere Aufstockung zu optimieren und die hohen Kosten für Retouren zu reduzieren“, sagt Gillan Hawkes, Vice President of Product Management and Analytics bei 6 River Systems. „Diese Fähigkeiten gelten nicht nur für das Lager, sondern können auch im Ladengeschäft sowie in Dark-, Live- und Omnichannel-Stores eingesetzt werden.“ Denn auch filialseitig können Kunden oftmals Waren retournieren. Das schmerzt besonders Einzelhändler, die möchten, dass sich ihr Ladenpersonal auf die Bedienung der Kunden konzentriert und nicht auf die Bearbeitung von Retouren. Da sich jedoch das Volumen der Retouren parallel zum E-Commerce mit der Zeit immer weiter steigern wird, ist eine Lösung gefragt. Obwohl Cobots gerade auf kleineren Ladenflächen oft nicht genug Platz zum Arbeiten haben, bietet ihre intelligente Software auch hier großes Optimierungspotenzial. „Wir möchten unser Know-how auch den Umgebungen zur Verfügung stellen, in denen Cobots nicht eingesetzt werden können“, so Gillan Hawkes. „Daher machen wir die 6RS-Fulfillment-Software, inklusive Retourenmanagement, auf Handheld-Geräten verfügbar. Ein Filialmitarbeiter kann die Rückgabe scannen und wird von seinem Handheld schnell zum Lagerort des zurückgegebenen Produkts geführt.“ Diese Lösung bietet die Vorteile des Cobots in einer kostengünstigeren Variante und ist für eine kleinere Umgebung mit einem geringeren Retourenaufkommen geeignet.

Fazit: Zeitgewinn durch kollaboratives Arbeiten

Wie Lagerbetreiber mit dem Thema Retourenmanagement umgehen, ist vor allem eine Frage von Zeit und Geld. Wie schnell retournierte Waren wieder in das Inventar eingegliedert werden, wirkt sich unmittelbar auf die Marge aller Beteiligten aus. Umso wichtiger ist es, dass dieser Prozess optimiert wird. Hier bieten Cobots bzw. deren Software eine flexible Lösung, um die Wiedereinlagerung sowohl im Lager als auch im Store schnellstmöglich abzuwickeln. Darüber hinaus ist ihr Einsatz ein wichtiges Element, um die Effizienz und Geschwindigkeit sämtlicher Lagerbewegungen zu steigern. Werden Mitarbeiter auf optimierten Routen durch die Gänge geführt, lassen sich nahtlos mehrere Aufgaben gleichzeitig ausführen – ein immenser Gewinn an Effizienz, der deutlich zur Produktivität des gesamten Fulfillments beiträgt.

Quelle: www.6river.de

Pressemitteilung veröffentlicht am 12.11.2021 in E-Commerce, News (In- und Ausland).
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