Konsumgüter und Bekleidung: Weihnachtsbestellungen der Händler etwa auf Vorjahresniveau
– Lieferkettenexperten von Setlog beobachten bei Stückzahlbuchungen aus Fernost einen Anstieg von durchschnittlich 1,9 Prozent.
– Laufzeit für Seefracht aus Asien zu den Nordrange-Häfen dauert im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt acht Tage länger.
– Hohe Frachtraten für 40-Fuß-Container aus Fernost nach Europa schmälern Gewinne des Handels.
Black Friday Ende November, Cyber-Week Anfang Dezember und Heiligabend am 24. Dezember: Obwohl in den kommenden Wochen im Handel traditionell Hochsaison herrscht, rechnen Experten und Importeure von Bekleidung und sich schnell drehenden Konsumgütern nicht mit einem Ansturm der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Geschenke. Die Lieferketten-Experten des Softwarehauses Setlog aus Bochum analysierten, dass der Handel nur minimal mehr Produktionsaufträge als im Vorjahr bei seinen Lieferanten platzierte – im Schnitt stiegen die Stückzahlbestellungen nur um 1,9 Prozent im Vergleich zum untersuchten Vorjahreszeitraum. Insgeheim hoffte der Handel auf ein besseres Konsumklima, denn 2023 sanken die Stückzahlbestellungen im Vergleich zu 2022 durchschnittlich um satte 18 Prozent. Die Entwicklung lässt sich aus einer Analyse von 50 Setlog-Kunden und Geschäftspartnern vom 11. November ablesen. Untersucht wurden die Stückzahlbestellungen von Importeuren in den Zeiträumen von 1. Januar bis 31. Oktober der Jahre 2022 bis 2024.
„Unsere Momentaufnahme deckt sich mit der Prognose des Handelsverbands Deutschlands. Aufgrund der Kriege im Nahen Osten und der Ukraine, der hohen Inflation in den Vorjahren und der politischen Veränderungen in den USA und Deutschland sind die Menschen hierzulande verunsichert und nicht in großer Shopping-Stimmung“, erläutert Setlog-Geschäftsführer Ralf Düster. Der Verband hatte zu Beginn des Weihnachtsgeschäfts seine Vorhersagen für 2024 nach unten korrigiert. Er erwartet lediglich ein nominales Umsatzplus von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Real, also bereinigt um Preissteigerungen, entspricht das einem Nullwachstum. Bis Oktober war der Verband noch von einem nominalen Plus von 3,5 Prozent ausgegangen.
Die Stimmung der Importeure wird nicht nur durch das prognostizierte Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden getrübt, sondern auch durch gestiegene Frachtraten. Vor einem Jahr kostete der langfristig geplante Transport eines 40-Fuß-Standard-Containers auf hoher See von Schanghai nach Rotterdam rund 1.600 US-Dollar. Dafür mussten die Unternehmen dieses Jahr 2.600 US-Dollar auf den Tisch legen. Wer kurzfristig auf dem Spotmarkt buchen will, muss aktuell mit Preisen zwischen 3.400 und 3.600 US-Dollar rechnen. „Die Reeder nutzten die unsichere Lage am Roten Meer wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen und den damit verbundenen Umweg über das Kap der Guten Hoffnung, um die Preise zu erhöhen. Bis zum chinesischen Neujahrsfest am 29. Januar prognostizieren wir weiter leicht steigende Preise“, sagt Patrick Merkel, Geschäftsführer von Prologue Solutions.
Erst im Februar oder März rechnet der Experte wieder mit fallenden Seefrachtraten – dann könnten sie auf das Niveau von September 2024 sinken. „Das nächste Jahr wird insgesamt vermutlich eine Achterbahnfahrt aus hohen Preisen in der jeweiligen Hochsaison und moderaten Preisen dazwischen“, sagt Merkel. Der Umweg auf hoher See wegen der Krise im Nahen Osten wirkt sich auch auf die Laufzeit der Container von Fernost zu den Nordseehäfen aus: Die Analyse von Setlog ergab, dass die Stahlboxen von Hafen zu Hafen im Schnitt 43 Tage unterwegs waren. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 35 Tage, vor der Coronapandemie 2019 nur 31.
Auf das Gemüt der Händler in Deutschland schlagen zudem die Erfolge der Online-Wettbewerber aus China – vor allem von Temu, Shein und AliExpress. Alle drei Unternehmen aus dem Reich der Mitte gewannen zuletzt Marktanteile im E-Commerce. Eine Umfrage von Salesforce zeigte vor Kurzem, dass die Angebote bei preissensiblen Shoppern ankommen. In der Befragung gaben 63 Prozent der untersuchten Verbraucherinnen und Verbraucher an, dass sie während der Weihnachtssaison planen, bei einer chinesischen Shopping-App Waren zu bestellen. Die treibenden Gründe sind dabei der Preis (58 Prozent), ein schneller Versand (28 Prozent) und eine große Produktauswahl (27 Prozent).
China ist nicht nur die Heimat erfolgreicher E-Commerce-Anbieter, sondern auch eines der wichtigsten Produktionsländer für Fashion und sich schnelldrehende Konsumgüter. Der Analyse von Setlog zufolge konnte die Länder China, Bangladesch und Indien bei Herstellungsvolumina dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht zulegen. Etwas rückläufig sind indes die Volumina in Osteuropa und der Türkei.
Setlog-Geschäftsführer Düster geht davon aus, dass Länder in Fernost auch künftig als Produktionsstandorte eine zentrale Rolle für westeuropäische Importeure spielen werden – auch wenn die Herstellungspreise 2023 leicht gestiegen waren. „Die Produktions- und Lohnkosten sind in Deutschland und Europa immer noch deutlich höher als in Asien. Ein Re- und Nearshoring ist in der Branche generell kein Thema. Zudem haben sich die Einkaufspreise wieder stabilisiert, sodass auch die Türkei, wo im Vergleich zu Deutschland günstiger produziert wird, für viele Marken keine Alternative ist. In der Türkei trieb zudem die hohe Inflationsrate die Preise zuletzt nach oben“, erläutert Düster.
Quelle: www.setlog.com